Wachter: „Die Befristung der Notstandsverordnung ist Kosmetik für die Abkehr von humanitären Grundwerten. Was bleibt, sind weitreichende Einschränkungen für schutzsuchende Menschen.“
„Durch die kurze Begutachtungsfrist und die öffentliche Debatte bestand immerhin die kleine Hoffnung, dass die Abgeordneten einer Einschränkung des Zugangs zu Asyl für Menschen auf der Flucht nicht zustimmen würden“, kommentiert Caritas Generalsekretär Bernd Wachter die 50 Stellungnahmen verschiedenster Hilfsorganisationen, Vereine und Institutionen, die während der 7-tägigen Begutachtungsfrist damit ihre Bedenken gegen die geplanten Asylverschärfungen eingebracht hatten. „Leider haben sich unsere Hoffnungen nicht erfüllt. Das Asylrecht einfach auszuhebeln und zu umgehen, bedeutet Werte in Frage zu stellen, auf die wir uns im Kern berufen. Österreich hat 2015 fast 90.000 Menschen aufgenommen – möglich war dies vor allem dank der Hilfe der Zivilgesellschaft. Dies kann aber jetzt keine Rechtfertigung dafür sein, die Verantwortung Österreichs für schutzsuchende Menschen in einem gemeinsamen Europa zu ignorieren. Ebendieses unsolidarische Verhalten haben wir bisher bei anderen europäischen Ländern lautstark kritisiert.“
Notfallverordnung setzt Recht auf Asyl außer Kraft
Neu im Gesetz findet sich eine Beschränkung der Notfallverordnung, auf maximal sechs Monate, allerdings mit der Möglichkeit einer dreimaligen Verlängerung. Diese Notfallverordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit kann die Regierung im Zusammenspiel mit dem Hauptausschuss des Nationalrats erlassen. Wachter „Bei dreimaliger Verlängerung sind das dann zwei Jahre, während der keine Asyl-Anträge mehr eingebracht werden können und Flüchtlinge ohne Durchführung eines Asylverfahrens und ohne Prüfung, ob Österreich überhaupt zuständig wäre, in die Nachbarstaaten zurückgeschoben werden. De facto bedeutet das die weitgehende Abschaffung des Asylrechts und damit eine Kehrtwende in der humanitären Tradition Österreichs.“
Asyl auf Zeit und Beschränkung der Familienzusammenführung
Das neue Gesetz sieht zudem weitreichende Einschränkungen der Familienzusammenführung und „Asyl auf Zeit“ vor. Wachter: „Das befristete Aufenthaltsrecht führt zu großen Unsicherheiten bei den Betroffenen und macht es den Menschen sehr schwer, sich zu integrieren. Denn wer gibt schon jemandem einen Job oder eine Wohnung, wenn er nicht weiß, ob die Person länger als drei Jahre da bleiben darf? Die ebenfalls beschlossenen massiven Einschränkungen bei der Familienzusammenführung sind nicht mit dem Recht auf Familienleben vereinbar und ebenfalls integrationshemmend. Dass mit dem gestrigen Ministerratsbeschluss mehr Mittel für Integration freigemacht wurden, ist positiv, denn eine gelingende Integration der Menschen, die neu in unserem Land sind, muss oberste Priorität haben. Hier erwarte ich mir noch mehr konkrete Initiativen für die kommenden Jahre!“
Signalwirkung in Europa und wirtschaftlicher Schaden für Österreich
„Die Grenzen rund um Österreich dicht zu machen, bedeutet eine Abschottung innerhalb Europas auf mehreren Ebenen. Nicht nur in Hinblick auf Solidarität in der Flüchtlingskrise, die nur gemeinsam bewältigt werden kann. Auch wirtschaftlich stellt sich Österreich damit ins Abseits: Durch die Grenzkontrollen entstehen für die Wirtschaft unseres Landes laut Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Verluste bis zu 210 Millionen Euro jährlich“, so Bernd Wachter.
(Presseaussendung 27.4.2016)