Wachter: „Die Novelle des Asylrechts beschneidet Menschenrechte, hemmt Integration und fördert Schlepperwesen. ParlamentarierInnen sollten dem nicht zustimmen.“
Nach nur sieben Tagen endet heute die Begutachtungsfrist für einen Gesetzesentwurf, mit dem die Rechte von schutzsuchenden Menschen massiv eingeschränkt werden sollen. Die Caritas gibt heute ihre juristische Einschätzung zu den geplanten Asylverschärfungen im Parlament ab. Zentrale Kritikpunkte:
Kein Zugang zu Asylverfahren: Abschied von humanitärer Tradition
Österreich möchte in Zukunft Asylanträge nur noch in Ausnahmefällen annehmen. Um sich nicht mehr an das geltende Asylrecht halten zu müssen, beruft sich die Bundesregierung dabei auf eine angebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit. Jedoch um das Asylrecht weitgehend außer Kraft zu setzen, müssten außergewöhnliche Umstände vorliegen. „Der Gesetzesentwurf liefert keine stichhaltige Begründung für das Vorliegen einer derartigen Gefährdung“, hält Caritas Generalsekretär Bernd Wachter fest. „Das Asyl- und Grundversorgungssystem in Österreich ist sicherlich gefordert, aber solange etwa ein Drittel der Gemeinden keine Flüchtlinge unterbringt, kann nicht von einer Gefährdung gesprochen werden.“
Die geplanten Schnellverfahren an der Grenze würden zudem menschenrechtliche und verfassungsrechtliche Vorgaben verletzen, so Wachter weiter. „Schutzsuchende Menschen haben dann mit wenigen Ausnahmen keinen Zugang zum Asylverfahren, wie dies etwa die Europäische Grundrechtecharta vorsieht. Und sie haben keinen effektiven Rechtsschutz gegen die Zurückweisung an der Grenze. Das widerspricht klar der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Rechtsstaatsprinzip, einem der Baugesetze der österreichischen Bundesverfassung.“
Asyl auf Zeit: Integrationshemmnis ohne Mehrwert
„Schon jetzt kann der Asylstatus aberkannt werden, wenn der Asylgrund wegfällt. Die neue Regelung eines auf drei Jahre befristeten Aufenthaltsrechts bringt lediglich zusätzlichen bürokratischen Aufwand und eine gravierende Mehrbelastung der Behörden. Daraus resultierende Verfahrensverzögerungen würden rasche und faire Verfahren unmöglich machen“, so Caritas Asyl- und Integrationsexpertin Karin Abram. „Asyl auf Zeit erschwert zudem die Integration. Aufenthaltssicherheit ist wesentlich für den Zugang zu Arbeit und Wohnraum und ermöglicht es den Schutzsuchenden auch psychisch, schneller in Österreich Fuß zu fassen.“
Einschränkung der Familienzusammenführung: Abhängigkeit von Schleppern steigt
Der Gesetzentwurf sieht zudem weitreichende Einschränkungen der Familienzusammenführung vor. Subsidiär Schutzberechtigte könnten etwa ihre Familien erst drei Jahre nach Anerkennung nach Österreich bringen, und nur dann, wenn sie hohe ökonomische Voraussetzungen erfüllen. Das ist in der Praxis nicht mit dem Recht auf Familienleben vereinbar.
Karin Abram: „Für anerkannte Flüchtlinge, die dabei sind, sich in Österreich zu integrieren, ist es psychisch sehr belastend, ihre Angehörigen im Herkunftsland in Gefahr zu wissen. Werden dann die legalen Möglichkeiten der Familienzusammenführung eingeschränkt, vertrauen sich die Angehörigen auf ihrem lebensgefährlichen Weg nach Europa eher Schleppern an.“
Caritas-Appell an Parlamentarier: Gesetzesentwurf nicht zustimmen
„Ohne die Proteste der Zivilgesellschaft hätte es nicht einmal diese kurze Begutachtungsfrist dieser so weitreichenden Gesetzesnovelle gegeben“, hält Bernd Wachter fest. „Ich appelliere an die österreichischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier, diesem Gesetzesentwurf nicht zuzustimmen, und an die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene entschieden für eine gemeinsame, strategische Vorgehensweise einzusetzen.“
(Presseaussendung 21.4.2016)