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„Ein gutes Leben für alle“: Die Erfahrungswelt Armutsbetroffener als Ausstellung im Museum für Geschichte

Ein Tunnel, der immer enger wird. An den Wänden Zitate aus dem Alltag: „Ich bin nicht mehr weggegangen“ oder „Da ist eine große Sorge, eine Angst in mir drinnen“: Erfahrungen von Menschen in Armutssituationen stehen im Mittelpunkt der Ausstellung „Ein gutes Leben für alle“ im Prunkraum des Museums für Geschichte Graz. Sie beleuchtet die Lebenssituation von armutsbetroffenen Menschen und kontrastiert sie mit der Vorstellung eines guten Lebens. „Wir sehen, dass Menschen zunehmend unter Druck geraten. Trotzdem sind wir überzeugt, dass ein gutes Leben für alle möglich ist – durch Solidarität und ein gutes Netzwerk der Hilfe“, sagte Caritasdirektorin Nora Tödtling-Musenbichler bei der Medienpräsentation am Freitag in Graz.

Kuratorin Astrid Kury erklärte: „Mir ging es darum spürbar zu machen, was Armut ausmacht – und was auf der anderen Seite Hoffnung gibt und Mut macht“. Die Kulturwissenschaftlerin Kury hat die Schau zum 100-Jahr-Jubiläum der Caritas Steiermark mit Bernhard Sundl von der Caritas, Armutsforscher Helmut P. Gaisbauer, VinziWerken, Armutsexperte Martin Schenk, La Strada Graz und anderen zusammengestellt und siedelt sie mit Gestalterin Nina Bammer an der Schnittstelle von Kultur und Sozialwissenschaft an. „Ein gutes Leben für alle“ beschreibt so mit Mitteln der bildenden Kunst Erkenntnisse und Sichtweisen der Armutsforschung, greift Erfahrungen aus Einrichtungen zur Nothilfe auf und beleuchtet aktivistische Ansätze. In Hörstationen sind Elemente des Audioguides zu erleben, die vom Sound Design Masterstudiengang der FH JOANNEUM und Kunstuniversität Graz, Projektleitung: Astrid Drechsler und Fabian Kühlein, entstanden ist.

Beständiger Kampf um Würde und Ausweg
„Armut ist ein beständiger Kampf um Würde und darum, aus der Situation herauszukommen: eine schwere Krisenerfahrung, wo es keine Möglichkeit mehr gibt, wieder neue Kraft zu schöpfen“, berichtete Kury von ihren Recherchen. Eindrucksvoll seien „der Einsatz der Einrichtungen zur Hilfe in Not und ebenso der mutige Aktivismus von Armutsbetroffenen, die sich vermehrt selbst Gehör verschaffen – denn Armut ist gesellschaftlich bedingt.“ Sie rückt daher auch die gesellschaftliche Dimension ins Blickfeld: Was bedeutet es, arm zu sein – für den einzelnen, aber auch für die Gesamtheit der Gesellschaft? Haben Armutsbetroffene ein Recht auf ein gutes Leben? Welche Fragen beschäftigen jene, die dabei helfen, das Leben wieder zu verbessern?

Soziale Situation als Element der Regionalgeschichte
Bettina Habsburg-Lothringen, Leiterin des Museums für Geschichte, sieht die Frage nach den Lebensumständen der Menschen als wichtiges Element in der Regionalgeschichte: „Im Museum für Geschichte befassen wir uns mit dem Werden der Steiermark sowie jenen Fragen, die uns heute vor dem Hintergrund der Geschichte umtreiben. Das tun auch andere: regionale Museen, Wissenschafter*innen oder zivilgesellschaftliche Initiativen. Wir freuen uns sehr, dass wir dieses Ausstellungsprojekt der Caritas im Museum für Geschichte präsentieren können. Damit wird nicht nur das Thema Armut aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet, sondern auch die wichtige Arbeit von Hilfsorganisationen sichtbar.“

Zur Ausstellung
„Ein gutes Leben für alle“ ist bis 18. August zu sehen (Prunkraum des Museums für Geschichte Graz des Universalmuseums Joanneum, Sackstraße 16, 8010 Graz). Geöffnet Dienstag bis Sonntag sowie feiertags von 10 bis 18 Uhr.

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