Solidaritätsbarometer der Caritas zeigt: Inflation wird drastisch höher wahrgenommen

Die Caritas hat am Freitag zum sechsten Mal das Solidaritätsbarometer für die Steiermark präsentiert. Die Studienergebnisse zeigen erneut einen starken sozialen Zusammenhalt in der steirischen Bevölkerung, aber auch Sorge vor der aktuellen Teuerungswelle. Die repräsentative Befragung zeigt eine deutliche Diskrepanz zwischen wahrgenommener und tatsächlicher Inflation. Diese wird, besonders bei Produkten des täglichen Bedarfs, als wesentlicher höher wahrgenommen als sie ist.

Solidarität im Angesicht der Inflation
Seit sechs Jahren erhebt die Caritas Steiermark über das Solidaritätsbarometer die Einstellung der Menschen zu Themen wie Spendenbereitschaft und Solidarität. Zusätzliche Fragen widmeten sich in der aktuellen Umfrage dem Thema der stark gestiegenen Inflation. Caritasdirektorin Nora Tödtling-Musenbichler betonte, dass das Barometer, trotz alarmierender Ergebnisse, auch eine hoffnungsfrohe Botschaft aussende: „Die Menschen sorgen sich mehr um andere als um sich selbst und sind weiterhin in hohem Maß bereit, sich in der Gesellschaft sozial zu engagieren, trotz eigener Einschränkungen.“ Bedenklich sei jedoch, dass rund ein Drittel der Befragten starke Existenzängste hege: „Hier braucht es zielgerichtete Unterstützungen für Menschen in finanzieller Armut“, so die steirische Caritasdirektorin.

Wahrgenommene Inflation deutlich höher
Der Grazer Soziologe DDr. Florian Brugger hat das Solidaritätsbarometer mit der Caritas Steiermark entwickelt. „Während die Solidarität auf dem gleichen Niveau verblieben ist, zeigen sich im Bereich der wahrgenommenen Inflation überraschende Ergebnisse“, so Brugger. Die empfundene Inflation der rund 1.000 Befragten übersteige die reale Inflation um ein Vielfaches, besonders bei Produkten des täglichen Bedarfs wie Lebensmitteln. Auch die Teuerungen bei Strom- und Heizkosten würden höher wahrgenommen, als sie tatsächlich sind.

Die Folge daraus: Rund die Hälfte aller Befragten sorge sich um ihre finanzielle Situation und habe das Gefühl, sich einschränken zu müssen. Armutsbetroffene und ältere Personen sowie Familien mit Kindern gelten bei der Mehrheit der Befragten als besonders betroffen – und dem entsprechen auch die Forderungen nach Unterstützung: „Auf die Frage, was die Politik gegen die Preissteigerungen tun soll, fordert die große Mehrheit der Befragten besondere Hilfe für Arme sowie eine Anhebung der Pensionen um zumindest die Inflation“, führte Brugger aus.

Mit Begegnung und Gesprächen Gemeinschaft stärken
Die Caritasdirektorin sah mit der Befragung eine wesentliche Erfahrung der Caritas bestätigt: „Es werden mehr und mehr Menschen, die Rat und Hilfe suchen.“ Schaue man sich die jüngsten Zahlen an, die für das Jahr 2021 rund 158.000 armutsgefährdete Personen in der Steiermark ausweisen, müsse man mit einem Anstieg der Hilfesuchenden rechnen. Der Zusammenhalt in der Gesellschaft sei weiterhin zwar gut – aber damit das so bleibe, sei auch die Caritas gefordert. Mit der Haussammlung etwa, die im März steiermarkweit gestartet ist, könnten Orte der Begegnung und des Gesprächs entstehen, die dazu beitragen, „dass wir uns stärker als Gemeinschaft erleben“.

Stimmungen wahrnehmen
„Austausch und Begegnung, Zuhören und Hinspüren in die Lebenssituation der Menschen – all das ist gerade sehr notwendig“, hielt die Kuratoriumsvorsitzende der Caritas Steiermark, Kristina Edlinger-Ploder, fest. Dafür sei die Haussammlung der Caritas ein gut geeignetes Instrument. „Die Sammlerinnen und Sammler sind Seismographen, die aufnehmen, wie die Stimmung nebenan, zwei Straßen weiter und in der gesamten Steiermark ist.“ Indem die Haussammlung ein Netz der Aufmerksamkeit über die gesamte Steiermark knüpfe und den Austausch fördere, sei die Haussammlung auch ein Beitrag dafür, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Steiermark stark bleibe.

Steigende Beratungszahlen
Roland Urban
, Leiter der Beratungsstellen zur Existenzsicherung der Caritas Steiermark, verwies im Rahmen der Präsentation auf gestiegene Anfragen als Symptom der aktuellen Teuerungswelle: „Die steigenden Preise für das Wohnen, insbesondere Miete und Energie, aber vor allem auch für die Lebensmittel treffen unsere Klient*innen ganz besonders.“ Unter den Anfragen befänden sich jedoch auch viele Erstkontakte, also Personen, die noch keinen Kontakt zur Caritas hatten – vermehrt auch solche, die über ein Erwerbseinkommen deutlich über der Armutsgefährdungsschwelle verfügen. Angesichts dieser Steigerung betonte er die Wichtigkeit der Spenden, die bei der Haussammlung gesammelt werden, und durch die in den Beratungsstellen effektiv geholfen werden könne. Diese seien ein klarer Ausdruck der steirischen Solidarität.

Zur Haussammlung:

Die Präsentation des Solidaritätsbarometers ist der offizielle Start der 72. Caritas-Haussammlung, die in diesem Jahr unter dem Motto „Zusammen helfen“ steht. Dabei bitten tausende Freiwillige im ganzen Land um Spenden für Menschen in Not in der Steiermark. Im vergangenen Jahr wurden dabei über 630.000 Euro gesammelt.

Weitere Informationen zur Caritas Haussammlung


Präsentation der Ergebnisse:

Die Präsentation des Solidaritätsbarometers mit allen Details erhalten Sie hier zum Download:

Präsentation Solidaritätsbarometer


Am Bild: Caritasdirektorin Nora Tödtling-Musenbichler, Studienautor Florian Brugger und Caritas-Kuratoriumsvorsitzende Kristina Edlinger-Ploder bei der diesjährigen Präsentation des Solidaritätsbarometers (© Caritas/Gerd Neuhold)