152 Geburten wurden in den letzten 20 Jahren von der Kontaktstelle Anonyme Geburt begleitet. Zum Herkunftstagmuttertag am 8. Mai macht Leiterin Gerhild Krenn-Gugl auf die prekäre Situation der freigebenden Mütter und ihre Liebe zum Kind aufmerksam.
„Am Abend, wenn es dunkel ist, ist es am schlimmsten. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an mein Kind denke. Ich bin traurig und vermisse mein Kind so sehr“, erzählt eine Klientin der Kontaktstelle Anonyme Geburt. Seit 20 Jahren begleitet die Caritas Steiermark in dieser Beratungsstelle Frauen, die aus den unterschiedlichsten Gründen ihr Kind direkt nach der Geburt zur Adoption freigeben. „Unsere Klientinnen befinden sich in besonderen Notlagen, sei es aufgrund von Überlastung, Krankheit oder Gewalterfahrungen. Die Entscheidung, ihr Kind nicht selbst großzuziehen ist eine sehr schwere und wird aus großer Verantwortung und Liebe gegenüber dem Kind getroffen“, erzählt Gerhild Krenn-Gugl, Leiterin der Kontaktstelle Anonyme Geburt, die auf mehr Bewusstsein für dieses sensible Thema in der Gesellschaft hofft: „Unsere Klientinnen wollen eine bessere Zukunft für ihre Kinder. Es braucht viel Mut, seinem Kind an einem anderen Ort ein besseres Leben zu ermöglichen.“ In der Gesellschaft sind die Frauen, die eine solche Entscheidung treffen, aber nicht sichtbar. Herkunftsmütter sind Mamas aus der Ferne. Auch wenn sie ihre Kinder zur Adoption freigeben und nicht selbst großziehen, bleiben sie Mütter. Deshalb wurde der Herkunftsmuttertag am Samstag vor dem Muttertag ins Leben gerufen.
Versteckte Schwangerschaft
„Frauen, die sich für eine anonyme Geburt entschieden haben, verheimlichen die Schwangerschaft meist auch vor dem engsten Freundes- und Familienkreis. Sie gehen deshalb in vielen Fällen bis zum Tag vor der Geburt ganz normal arbeiten, gebären ihr Kind, bleiben zwei Tage im Krankstand und führen ihren Arbeitsalltag fort. Sie können mit niemanden über die Schwangerschaft und Geburt oder über das Gefühl des Vermissen sprechen“, gibt Krenn-Gugl Einblicke.
Frauen aus den unterschiedlichsten Lebenssituationen kommen zu Krenn-Gugl in die Beratung. Manche haben gerade erst von der Schwangerschaft erfahren und brauchen Unterstützung bei der Entscheidung, ob sie das Kind behalten oder zur Adoption freigeben. Andere kommen erst nach der Geburt in die Beratungsstelle, um mit den Gefühlen und dem Erlebten nicht alleine sein zu müssen. „Manche fragen auch noch Fotos oder Infos über die Entwicklung des Kindes“, schildert Krenn-Gugl, die in engem Kontakt zur Kinder- und Jugendhilfe steht. Wenn die Adoptivfamilie einverstanden ist, kann Krenn-Gugl der Herkunftsmutter die Infos über ihr leibliches Kind weitergeben. „Für manche Frauen ist der Schmerz allerdings zu groß und sie können sich beispielsweise ein Foto gar nicht anschauen.“
152 Geburten
2001 wurden die Anonyme Geburt und die Abgabe an der Babyklappe in Österreich straffrei ermöglicht. In der Steiermark hat die Caritas daraufhin in Kooperation mit den LKHs und der Sozialarbeit die Kontaktstelle Anonyme Geburt errichtet. Ziel dieser Beratungsstelle ist es, Frauen bereits während der Schwangerschaft mit Informationen, Beratung und Begleitung zur Seite zu stehen. Kindesweglegungen und Kindestötungen sollen mit diesem Angebot verhindert werden. Des Weiteren soll durch die Kontaktstelle Anonyme Geburt auch die Abgabe an der Babyklappe verhindert werden. „Frauen die ihr Kind bei der Babyklappe abgeben, gebären es meist irgendwo ganz alleine und bringen es direkt nach der Geburt dorthin. Für die Frau und ihr Baby bedeutet das ein großes gesundheitliches Risiko“, erklärt Krenn-Gugl.
In den letzten 20 Jahren wurden 152 Anonyme Geburten, davon fünf Zwillingsgeburten, begleitet. Die Babyklappe wurde in diesem Zeitraum fünf Mal in Anspruch genommen. So haben Frauen in besonderen Notlagen insgesamt 162 Kinder vertrauensvoll in „andere Hände“ gegeben.
Mehr Infos und Kontakt: https://www.caritas-steiermark.at/kontaktstelle-anonyme-geburt/