Präsentation der Caritas-Kampagne für Menschen in Not in der Steiermark & Spatenstich zur barrierefreien Erweiterung des "Ressidorfs"

1,2 Millionen ÖsterreicherInnen sind armutsgefährdet, 410.000 von ihnen gelten sogar als manifest arm: Zu Beginn der kalten Jahreszeit ruft die Caritas deshalb jedes Jahr traditionell zu Spenden für Menschen in Not im Inland auf. Aus diesem Anlass präsentierte Caritasdirektor Herbert Beiglböck im Rahmen eines Pressegespräches am Dienstag, dem 21. Okober, die neue Spendenkampagne für Caritas-Projekte in der Steiermark. In der Grazer Caritas-Notschlafstelle Ressidorf erfolgte außerdem der Spatenstich für eine barrierefreie Erweiterung.

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Im Wohlstandsranking, erstellt vom Weltwirtschaftsforum in Davos, das neben dem Bruttoinlandsprodukt auch Faktoren wie Klimaschutz, Staatsschulden, Armut oder Ungleichheit berücksichtigt, belegt Österreich Platz 10. Ohne Zweifel, wir sind in Summe eine reiche Gesellschaft. Wovon reden wir also, wenn wir von Armut sprechen? Meist spielen sich Existenzsorgen und Nöte hinter verschlossenen Türen ab. Armut ist oft erst auf den zweiten Blick sichtbar.

Armutsgefährdung: Sozialstaat wirkt!

Nach Zahlen der Statistik Austria waren 2018 insgesamt 1,2 Millionen ÖsterreicherInnen armutsgefährdet, 410.000 von ihnen gelten sogar als manifest arm: PensionistInnen und Alleinerziehende. Menschen, die schon lange einen Job suchen und keinen finden. Neben Menschen mit Migrationshintergrund sind vor allem Kinder und Jugendliche aus Ein-Eltern-Haushalten von Armut betroffen. 332.000 Kinder und Jugendliche sind armutsgefährdet. Gäbe es keine Pensions- oder Sozialleistungen, wären 43 Prozent der Bevölkerung - ca. 3,7 Millionen Menschen - armutsgefährdet. Das zeigt: Der Sozialstaat wirkt!

Kein Geld für Heizen und Wohnen

Seit Jahren steigen die Wohnkosten, während die Reallöhne im Niedriglohnbereich sogar sinken. Familien müssen oft mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Wohnen und Heizen ausgeben. Armut bedeutet für ältere Menschen am Monatsende zu entscheiden, ob sie etwas zu Essen kaufen oder die Wohnung heizen sollen. Sie bedeutet, nicht zufrieden und gelassen auf das eigene Leben zurückblicken zu können, sondern Einsamkeit, Perspektivlosigkeit und Rückzug.

Obdachlosigkeit: Täglicher Kampf

Oft geht es rasch: Eine persönliche Krise, Krankheit, Scheidung, Kündigung, fehlende Unterhaltszahlungen oder Delogierung drängen Menschen an den Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten. Sie verlieren ihren Wohn- und damit auch ihren Schutz- und Erholungsraum. Obdachlose Menschen entwickeln oft vielfältige Strategien, um auf der Straße durchzukommen. Doch vor allem in ländlichen Gebieten haben diese Menschen wenig Chancen, um an Nahrung, Kleidung und Schlafmöglichkeiten zu kommen. Auch in Städten, wo es prinzipiell Angebote gibt, wissen viele wohnungslose Menschen nicht, wo und wann in ihrer Umgebung Essen ausgegeben wird, wo sie medizinische Hilfe oder ein Bett für die Nacht finden.

Wenn es nicht mehr geht, dann hilft die Caritas

Egal, wie die konkrete Not aussieht – ob als MindestpensionistIn oder als obdachloser Mensch - sie ist enorm belastend. Wer von Armut betroffen ist, verliert seine Freunde und zieht sich langsam aus der Gesellschaft zurück. Die tägliche Sorge um die eigene Existenz bedeutet immensen Stress. Auch für Menschen, die auf der Straße leben: Sie müssen jeden Abend einen Winkel suchen, wo sie niemand findet, einen Platz, wo sie vor Wind und Wetter geschützt sind. Irgendwann ist die Verzweiflung zu groß, das Frieren unerträglich, die Ausgrenzung zehrt an Körper und Psyche. Die Caritas ist für armutsbetroffene und obdachlose Menschen oft die letzte Anlaufstelle, wenn es alleine nicht mehr geht. Sie wissen, dass sie Unterstützung bekommen, ohne Vorwürfe und Bürokratie.

Hilfe im Ressidorf

Pierre Payer, Leiter der Notschlafstelle Ressidorf, stellte die Pläne zur barrierefreien Erweiterung vor, die es Menschen mit Pflegebedarf erleichtern soll, im Ressidorf eine Heimat zu finden. Die Caritas-Einrichtung bietet obdachlosen Menschen, von denen viele alkoholkrank und oft zusätzlich psychisch und körperlich belastet sind, eine langfristige Wohnmöglichkeit, ergänzt durch Leistungen der Hauskrankenpflege. Eine barrierefreie Wohneinheit sowie eine rollstuhlgerechte Sanitäreinheit soll pflegebedürftigen BewohnerInnen künftig den Alltag erleichtern.

Bitte um Spenden

 

Die Caritas sei in einem Bereich tätig, der in großen Teilen ohne öffentliche Förderungen auskomme, hielt Caritasdirektor Beiglböck fest. Dabei geht es in den Angeboten der Caritas - von der Beratungsstelle zur Existenzsicherung über die Notschlafstellen bis hin zur Gesundheitsversorgung für Nichtversicherte in der Marienambulanz - stets darum, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten: Menschen werden dabei begleitet, ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen zu können. „Vieles, was wir für Menschen in Not tun, können wir nur mit Spenden finanzieren. Daher bitte ich die Steirerinnen und Steirer um einen Beitrag, um diese Hilfe aufrecht erhalten zu können.

Caritas-Spendenkonto: Steiermärkische Sparkasse IBAN: AT08 2081 5000 0169 1187 sowie online unter www.caritas-steiermark.at/raw/spenden-helfen/spenden/jetzt-online-spenden/

 

Statements

Herbert Beiglböck, Caritasdirektor Steiermark:

„Wir sind zweifellos ein reiches Land, dennoch dürfen wir die Not bei uns nicht übersehen. Von den politisch Verantwortlichen erbitte ich dreifachen Respekt: Respekt vor der Würde des Menschen, Respekt gegenüber der Form, wie Menschen unter oft schwierigen Umständen ihr Leben meistern - und Respekt vor dem Sozialstaat.“

 

Vor dem Pressegespräch zur Caritas Inlandskampagne nahm Caritasdirektor Beiglböck gemeinsam mit den Fördergebern Landesrätin Doris Kampus, Stadtrat Kurt Hohensinner und Stadtrat Robert Knotzer den Spatenstich für die Erweiterung des Ressidorfs vor. Von den unterstützenden Firmen waren Wallner und Fundermax beteiligt. „Dass wir diese Einrichtung erweitern können, zeigt, wieviel schon gelungen ist, weil die Menschen in unserer Betreuung älter werden“, erläuterte Beiglböck.

Soziallandesrätin Doris Kampus:

„Im Dezember ist es nunmehr bereits 24 Jahre her, dass Linde Ressi im Bezirk Jakomini das Ressidorf gegründet hat. Seither ist die Einrichtung nicht nur für Hunderte von Männern ein Zuhause geworden, für viele von ihnen bedeutete sie auch den Startschuss für eine zweite Chance. Umso mehr freue ich mich, dass das Ressidorf nun, mit seinem geplanten Erweiterungsausbau, auch auf Barrierefreiheit setzt. Die Mobilität einiger Männer, die hier Unterkunft finden, ist eingeschränkt. Der Ausbau wird nicht nur den Alltag der Betreuerinnen und Betreuer ein Stück weit erleichtern, auch die Männer selbst profitieren davon. Denn ein Schritt in Richtung Barrierefreiheit ist immer auch ein Schritt in Richtung Unabhängigkeit. Und das ist es ja, was wir uns alle wünschen.“

Sozialstadtrat Kurt Hohensinner:

„Die Caritas ist ein Barometer der Menschlichkeit. Als Stadt Graz ist es unsere Aufgabe Rahmenbedingungen zu schaffen, die diese Menschlichkeit noch stärker ermöglicht und fördert. Vor rund einem Jahr hat mich ein Caritas Mitarbeiter informiert, dass es einen zusätzlichen Bedarf an temporärer Unterbringung für pflegebedürftige Menschen ohne festen Wohnsitz gibt. Ich freue mich, dass wir nun gemeinsam mit dem Land Steiermark eine dahingehende Lösung präsentieren können und heute bereits den Spaten für die weiteren Räumlichkeiten im Ressidorf setzen konnten.“

Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer:

„Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass auch jene Menschen die nötige Pflege bekommen, die aufgrund von Wohnungslosigkeit und Suchterkrankungen ein besonders schweres Schicksal haben. Die Umbauarbeiten im Caritas-Ressidorf sichern das auch in Zukunft und ich freue mich seitens des Pflege-Ressorts des Sozialamts der Stadt Graz einen Beitrag dazu leisten zu können. Zugleich möchte ich den Beschäftigten im Ressidorf sowie den Pflegepersonen für ihre tagtägliche Arbeit danken!“

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