Unser Jahresbericht 2015

Caritas-Direktor Küberl: „Not ist Gefahr für die Gesellschaft“

Caritas-Direktor Franz Küberl lenkte bei der Jahrespressekonferenz der Caritas Steiermark am Freitag in der Cafeteria des Marienstüberls in Graz den Blick zurück auf die große Fluchtbewegung im vergangenen Jahr.

„Es war ein Jahr großer Spannungen“, sagte Küberl. Das Anliegen der Caritas sei gewesen, in der Flüchtlingssituation angemessen zu helfen und die Nothilfe im Inland selbstverständlich aufrecht zu erhalten. Es dürfe nicht zwischen Not und Not unterschieden werden, hielt Küberl fest. „Menschen in jeglicher Notsituation  zu helfen, ist auch ein Gebot der Vernunft“, sagte der Caritas-Direktor.

Flucht-Thema auch in anderen Bereichen sichtbar

Das Thema Flucht habe in viele Bereiche der Caritas ausgestrahlt. In Summe verzeichnete die Caritas im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg der Kontakte mit KlientInnen. In der Basisversorgung, zu der Einrichtungen der unmittelbaren Nothilfe wie das Marienstüberl und die Marienambulanz gehören, waren die MitarbeiterInnen ebenso wie in der Sozialberatung mit gleichbleibend hohen Zahlen der Kontakte konfrontiert. Große Nachfrage gab es bei den Notschlafstellen: „Wir beobachten mit Sorge, dass zunehmend Familien und Frauen mit Kindern in Not geraten“, erklärte Küberl.

 

Anstieg im Bereich Flüchtlings-Hilfe

Deutlich angestiegen ist der Bereich der Flüchtlingshilfe, wo die Caritas im Auftrag des Landes in der Regionalbetreuung rund 12.787 Menschen betreute im Vergleich zu 5.700 im Jahr zuvor. Auch Kirche und Caritas erhöhten die Zahl der eigenen Quartiere und boten in eigenen Häusern insgesamt 1.247 Menschen Platz im Vergleich zu 800 im Jahr 2014.

 

Arbeit in den Regionen

Die Caritas hat im vergangenen Jahr die Regionalisierung, etwa bei der Wohnungssicherung und den Beschäftigungsprojekten, weiter ausgebaut. Die  Vorreiterrolle der Caritas im Bereich Hospiz und Palliative Care sieht der Direktor durch die Auszeichnung mehrerer Häuser mit dem Hospiz-Gütesiegel untermauert: „Darauf bin ich sehr stolz“.

Caritasdirektor Franz Küberl und Hubert Patterer, Chefredakteur der Kleinen Zeitung, beim Wandern

Caritasdirektor Franz Küberl und Hubert Patterer, Chefredakteur der Kleinen Zeitung, beim Interview im Zuge einer Wanderung - zu lesen im Jahresbericht 2015. © Max Wegscheidler

Spendeneinnahmen gestiegen – Konsolidiertes Jahresergebnis von 16.000 Euro

Generalsekretärin Maria Gschaider betonte die deutliche Steigerung der Spendeneinnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 300.000 Euro auf 7,1 Millionen Euro im Jahr 2015. Rund 39 Prozent dieser Spenden setzt die Caritas in der unmittelbaren Nothilfe ein, so Gschaider. Sie bezifferte das konsolidierte Ergebnis der Caritas der Diözese Graz-Seckau über alle drei Körperschaften (Caritas, Caritas-Akademie und Immobilienkörperschaft) auf 16.000 Euro. Gschaider verwies auch auf den gewaltigen Einsatz freiwilliger MitarbeiterInnen.


"Freiwillige sind unbezahlbarer Mehrwert"

Im Jahr 2015 halfen in der Flüchtlings-Akuthilfe 1.667 Menschen ehrenamtlich mit, in den ständigen Einrichtungen leisteten 1.181 Ehrenamtliche mit oft langfristigem Einsatz einen wesentlichen Beitrag zur Hilfe der Caritas: „Die Freiwilligen sind ein unbezahlbarer Mehrwert,“ sagte Gschaider.


Resümee des scheidenden Direktors

In seinem Resümee über 22 Jahre Caritas betonte der scheidende Direktor Franz Küberl die Funktion der Caritas als „Soziale Erfinderin“: „Das meiste kommt von den MitarbeiterInnen“, sagte Küberl. So seien Projekte wie die Marienambulanz, die Lerncafés oder die Beschäftigungsprojekte entstanden. Ziel der Hilfe der Caritas sei stets Befähigung: „Die Menschen sollen dahin kommen, dass sie es wieder aus eigener Kraft schaffen.“

 

Herausforderungen

Eine große Herausforderung sei stets gewesen, „dass Professionalität, Handfestigkeit und Spiritualität in gleichem Ausmaß wachsen“. Schwierig sei es, die Grenzen des Helfens zu akzeptieren: „Man steht schon auch oft an“, räumte der Direktor ein. „Aber auf der anderen Seite freue ich mich über viele Bindfäden, die unsere Leute auch in scheinbar aussichtslosen Situationen knüpfen konnten.“

 

Sein Umgang mit Kritik

Dass er als Direktor, der mit seinen Anliegen auch Politik und Gesellschaft konfrontierte, auch kritisiert wurde, sieht Küberl gelassen: „Die Hilfe ist natürlich die unmittelbare Aufgabe der Caritas. Aber ich kann einem Obdachlosen auch nur in die Augen schauen, wenn ich ihm einen Weg hinaus aus seiner Situation zeige. Als Direktor muss ich auch offen sagen, was wir erleben, und benennen, was zu tun wäre, damit es besser wird.“