Veranstaltet wurde die „interaktive Gerichtsverhandlung“ im Grazer Caritas-Schulzentrum von der Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit (AGEZ). Rund 80 Interessierte gingen gemeinsam mit „Richterin“ Johanna Mang, „Verteidiger“ Thomas Vogel und „Ankläger“ Friedbert Ottacher der Frage nach, ob die derzeitige Form der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) abgeschafft werden soll oder nicht. Eine Reihe von ZeugInnen wurde einvernommen - wie Daniela Pamminger, die von mangelnder Koordination bei der Hilfe nach dem Erdbeben in Haiti berichtete. Oder Tina Weisshaupt, die vom persönlichen Engagement aufgrund ihrer eigenen moralischen Verpflichtungen erzählte. Feurige Beispiele kamen von Karl Kumpfmüller, der die Politik der EZA kritisch hinterfragte.
Publikum stimmte ab
Beschlossen wurde die Verhandlung mit dem Plädoyer des Anklägers, der in der EZA die Fortsetzung des Kolonialismus sieht, nur ohne Waffen: „Der Geist ist der gleiche, die wirtschaftliche Ausbeutung hat sich nahtlos fortgesetzt. Und die EZA macht gute Miene zum bösen Spiel und begnügt sich ganz mit ihrer Rolle als Feigenblatt für diese Politik!“ Der Verteidiger konterte: „Die EZA ist kein Zug, der in die falsche Richtung fährt und gestoppt werden muss - sondern vielmehr ein Garten, in dem es sowohl Unkraut wie auch Blumen gibt, der gepflegt und weiterentwickelt werden muss“. Schlussendlich entschied das Publikum in geheimer Abstimmung mit 52 zu 19 Stimmen, dass die EZA von den vorgebrachten Vorwürfen freizusprechen sei.
Stufenplan zu Erhöhung der Mittel für die Auslandshilfe gefordert
Die Veranstaltung fand vor dem Hintergrund der Flüchtlingstragödien mit tausenden Toten im Mittelmeer und des innenpolitischen Hick-Hacks um die Erhöhung der EZA statt. Österreich ist beim international vereinbarten Beitrag zur Armutsbekämpfung seit vielen Jahren säumig. Die Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit fordert die Bundesregierung dazu auf, weitere geplante Kürzungen bei der EZA zu stoppen und einen Stufenplan zu Erhöhung der Mittel für die Auslandshilfe im Regierungsabkommen zu vereinbaren.